Lotte


"Lotte"

Ich kaufte die Therapiepuppe Lotte zu einer Zeit, die wir als Pandemiezeit betiteln würden. Es war eine düstere Zeit für uns alle, die jedoch auch ihre guten Seiten hatte. Zu dieser Zeit arbeitete ich noch in einem Altenheim und war für die Aktivitäten der Bewohner zuständig.

In dieser Zeit konnte ich all meine Ideen, die manchmal einigen Mitarbeitern zu verrückt erschienen, ausleben- zum Wohle von den Bewohnern, die zu dieser Zeit noch weniger zu lachen hatten, als zuvor.

Ich liebte es sehr, dass ich die Menschen zum Lachen bringen konnte, sei es auch, dass sie über meine witzigen Verhaltensweisen lachten. Was sie über mich dachten, war mir eigentlich ziemlich egal geworden, denn jeder denkt, was er denken will.

Und so kam es, dass ich mir Gedanken darüber machte, wie ich in die Einsamkeit der Alten etwas frische Luft bringen konnte. Die Regeln etwas zu "umschiffen"- Nähe war mit den Körpern nicht erlaubt, Besuch musste eine Maske tragen, sodass man fast das Gesicht gar nicht mehr erkennen konnte… wie konnte ich also gerade in dieser Zeit NÄHE aufbauen? MIT WAS?

Womit konnte ich punkten, damit die Einsamkeitsschleife durchbrochen werden konnte?

Ich sah mir ein paar Puppen auf einem Verkaufsportal an und verliebte mich schockartig gleich in Lotte. Ihr kecker und frecher Blick ließ mein Herz augenblicklich höher schlagen.

Ja, ich stellte mir im Geiste vor, wie sie auf dem Schoss der Alten saßen und die Stelle ihrer Enkelkinder einnahmen. Und soll ich euch etwas verraten? So war es auch.

Ich könnte euch jetzt stundenlang davon erzählen, wie Lotte die Herzen der Alten eroberte. Natürlich spielte es auch eine große Rolle, ob sie einfach nur auf ihrem Schoss saßen, oder ob ich ihr durch meine Stimme Leben einhauchte. Manchmal bot ich einen Stuhlkreis im Garten mit Musik an und wir tanzten dann mit Lotte- ich konnte meine Hände in Lottes Hände stecken oder in den Kopf von Lotte, um ihren Mund zu bewegen. Es war in dieser Zeit ein echter Segen, den Lotte in unser Leben brachte.

Dann besuchte ich einmal eine Freundin, die ein paar Hundert Kilometer weit weg wohnte und nahm Lotte mit. Ihr Enkelkind verhielt sich zuerst sehr zurückhaltend, wurde jedoch nach 10 Minuten warm mit ihr und begann sie zu streicheln und zu küssen.

Sie schenkte ihr eine selbstgemachte Kette und umwickelte sie mit viel Bedacht um ihren Hals, immer wieder nachschauend, ob das auch bei den anderen Gefallen fand. Wir lächelten sie alle lieb an und gaben ihr zu verstehen, dass sie Lotte damit einen große Freude machen würde. Es war so erfüllend, dieses Kind dabei beobachten zu dürfen, wie sie sich mit der Puppe verbunden fühlte. Natürlich musste ab sofort Lotte überall hin mitgenommen werden- auch zu den Erwachsenen.

Ihr könnte euch nicht vorstellen, wie dieses Handpuppe alle Herzen erobert hat und wie die Erwachsenen plötzlich selbst zu Kindern wurden und ihr eigenes Spiel damit in die Welt brachten. Einige Freunde wollten auch unbedingt ein Foto mit ihr machen, als Erinnerung.

Ich dacht mir für einen kurzen Moment, dass ich also nicht alleine bin mit meiner verrückten Art, dass ich wohl ansteckend auf die Menschen gewirkt hatte, ihr eigenes Spiel zu zeigen.

Vielleicht sind wir alle Kinder geblieben und spielen deshalb so gerne?

Jetzt verstehe ich auch langsam, warum die Handpuppen Therapiepuppen genannt werden… weil sie es schaffen, die Menschen mit einem Spiel zu „öffnen“. Man erzählt es ja nicht dem Therapeuten, man erzählt es der Puppe?

Ich weiß noch, dass ich mit jedem Stofftier als Handpuppe die Alten in eine andere Welt befördern konnte- es war wie ein Zauber, den ich damit aussprach.

Sie streichelten das Tier ganz sanft und fast zärtlich, so, als ob es echt wäre und erzählten ihm Dinge, als ob es wirklich zuhören würde.

Ja, ich hörte zu und ich antwortete. Das störte sie nicht weiter, sie waren ganz versunken in der Welt des Tieres, was sie liebevoll berühren konnten.

Wie ihr wahrscheinlich wisst, arbeite ich nicht mehr in diesem Altenheim. Ein bisschen fehlen sie mir alle, weil jeder Mensch mit seiner eigenen Persönlichkeit mein Herz berührt hat und ich sehe sie eher als erwachsen gewordene Kinder an- denn ihre Seele ist sehr verletzlich geblieben und die Sehnsucht ist noch in manchen Augen zu sehen, dass sie wieder gerne spielen möchten und mit ihrer eigenen gelebten Geschichte gesehen werden wollen.

Jede Geschichte, die sie mir anvertraut haben, war ein Geschenk. Deshalb möchte ich gerne meine Geschichten euch ans Herz legen, damit ihr Inspiration darin finden könnt.

Wir alle möchten gerne so gesehen werden, wie wir sind, ohne uns verstellen zu müssen, um in eine Gesellschaft zu passen. Es ist schön, wenn wir erkennen können, dass wir letztendlich alle Kinder geblieben sind, egal, wie viele Jahre in unserem Personalausweis eingetragen wurden.

Und dass wir Lust am Leben haben, es mit einem Lächeln am Morgen begrüßen können und uns auf einen neuen Tag freuen, den wir selbst gestalten können- zum größten Teil zumindest.

Wenn wir feststellen, dass der Tag uns nicht gefällt, wie er täglich eine Schleife dreht- dann ist es höchste Zeit, etwas daran zu ändern.

Wir wissen nicht, wieviel Zeit uns hier auf der Erde bleibt und dürfen daher anfangen, für uns Entscheidungen zu treffen, dass wir möglichst jeden Tag zufrieden oder gar glücklich sein können. Das Schöne an allem ist, das alles prompt vom Universum geliefert wird, wenn wir es mit unserem Herzen bestellen, es uns wünschen- das Ego bleibt davon ausgeschlossen- das macht eher Probleme…

Versucht es doch mal selbst… spielerisch…

Unser Leben ist wie ein Spiel, also lass es uns mit Freude spielen und jeden TAG gewinnen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Kommentare

  1. Was für eine herzenswarme Möglichkeit, mit dem inneren Kind der Menschen in Kontakt zu kommen. Ich kenne ja die Wirkung von Vertretergestalten aus meinem Berufsleben. Lupo und Ringa etwa als kleine Erklärwichtel wurden heiß geliebt! Ein ganzes Haus aus Kartons und allerlei Spielzeug von zuhause wurde von den Kindern gebaut. Du wirst die zwei noch näher kennen lernen, Du Kind in Uta! 🤗💕 Wie stehst Du zum Verwenden von Robotern in Seehundbabygestalt im Seniorenheim? Zuerst fand ich die Idee ganz schrecklich, doch dann sah ich, was sie mit den Menschen machten. Wenn sie das Herz zu öffnen verstehen, könnte man sie doch als "Türöffner" verwenden, um zu verschlossenen Menschen einen besseren Kontakt zu bekommen. Als Ersatz für die menschliche Begegnung möchte ich sie nicht wissen.

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  2. Danke liebe Ulrike für deine lieben Worte. Ja, dieses Seehundbaby wartete auch bei uns auf der Wunschliste auf Erfüllung... leider war es sehr teuer und das mit dem Verleihen war bei uns auch etwas schwierig, weil so oft etwas "Füße" bekam. Ich persönlich stehe dem Einsatz sehr positiv gegenüber, weil gerade dementiell Erkrankte mit Stofftieren oder Puppen viel anfangen konnten. So manches Mal sah ich Frauen die Katze aus Stoff liebevoll streichelnd an ihrem Platz, sah, wie einige ihre Puppen im Saal herumtrugen... Natürlich ist ein Mensch dadurch nicht "ersetzbar", allerdings beides in der Kombination ist herzerwärmend <3

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